Vertreibung

Deutsche Siedlungsgebiete in Europa

Nach dem Zusammenbruch der Fronten im Frühjahr 1945 wurden auch die Sudetendeutschen aus ihrer angestammten Heimat vertrieben. Aufgrund des Potsdamer Abkommens sollte die Ausweisung der Deutschen aus Böhmen und Schlesien in geordneten Bahnen erfolgen. Die Vertreibung wurde aber in den ersten Monaten plan- und wahllos durchgeführt. Erst viel später wurden die Menschen humaner behandelt, als selbst die Tschechen vom Ausmaß des unvorstellbaren Elends und der großen Not überrascht waren. Die vielen Frauen mit ihren weinenden Kindern, die alten Mütter und die gebrechlichen Greise standen auf der Straße und wussten nicht wohin. Die Männer waren gefallen oder befanden sich in Gefangenschaft, sie konnten ihren Frauen nicht beistehen. Die Ungewissheit über das Schicksal des Mannes brachte manche Frau zur Verzweiflung. Über Nacht wurde jeder Deutsche heimat- und besitzlos. Wer gab den Siegermächten das Recht dazu? Ob Angestellter, Bauer, Handwerker oder Arbeiter, jeder wurde vertrieben, weil er Deutscher war. Seit vielen Jahrhunderten lebten und arbeiteten hier die Vorfahren. Mit einem Rucksack auf dem Rücken oder mit etwas Gepäck, das ihm oft noch weggenommen wurde, musste er Haus und Hof verlassen. Und mancher Deutscher überstand die Vertreibung nicht, er wählte den Tod. Wenn die Menschen in Gruppen beisammen bleiben konnten, dass eins dem anderen Hilfe und Beistand bot, wurde das Schicksal erträglicher. Schlimmer war es für die Menschen, die zu Fuß viele Kilometer bis zur Grenze gehen mussten und oft aus Erschöpfung noch im Straßengraben starben. Und nicht zu vergessen sind die Mitmenschen, die unschuldig in Lagern schweren Misshandlungen ausgesetzt waren. Jeder stellte sich die Frage, was er denn verbrochen habe. Und mancher zweifelte an Gottes Gerechtigkeit. Der Strom der Vertriebenen floss in drei großen Richtungen. Im Norden waren die Länder Sachsen und Thüringen, im Süden Österreich und im Westen der Freistaat Bayern.

Die Hostauer wurden von Mai bis August 1946 in vier Transporten ausgesiedelt. Einen Tag vorher bekam man vom „Narodni vybor“ (Nationalausschuss) die Aufforderungen, sich am nächsten Morgen mit 50kg Gepäck und etwas Handgepäck oder einen Rucksack bereitzuhalten. Mit Fuhrwerken holte man das Gepäck ab, lud es bei den ersten beiden Transporten im Hof des Gasthauses Tichy ab. Die auszuweisenden Personen mussten sich bei ihrem Gepäck aufhalten. Truhen und Koffer wurden gewogen. Dabei wurde so manches Gepäckstück von den mit dieser Arbeit beauftragten Tschechen beschlagnahmt. Geld, Sparbücher oder sonstige Wertgegenstände mussten abgegeben werden. Bei den letzten Transporten wurde alles in das ehemalige Arbeitslager gefahren. Eine Gepäckkontrolle gab es da nicht mehr. Nach verschiedenen Formalitäten wurden Leute und Gepäck auf Lastautos verladen und nach Holleischen gefahren. Auf der Straße nach Schüttarschen, sah wohl so mancher noch einmal abschiednehmend zum Hostauer Kirchturm zurück. Viele hofften auf eine Wiederkehr, um nicht ganz trostlos aus der Heimat zu gehen. Im Holleischener Barackenlager kamen die Heimatvertriebenen aus den verschiedenen Ortschaften des Kreises Bischofteinitz zusammen. Es wurden Transporte von 1500 Personen zusammengestellt. Der Aufenthalt im Lager dauerte einige Tage, die besonders für Ältere und Kranke anstrengend waren. In diesem Lager wurde das Aussiedlungsgeld ausgezahlt. Bei den ersten Transporten erhielt jeder Person RM 1.000, bei den letzten nur noch RM 500. Unter Bewachung von tschechischen Soldaten wurde alles, Menschen und Gepäck, in Eisenbahngüterwagen verladen, und es ging nach Furth im Wald.

Alle Grenzdurchgangslager wurden vor unvorstellbare große Aufgaben gestellt. Das trifft insbesondere für Bayern zu. Und die Stadt Furth im Wald hat den Bewohnern des Heimatkreises Bischofteinitz Hilfe angeboten, die niemals vergessen sein wird. Das Barackenlager war noch nicht fertig gestellt, da traf schon der erste Massentransport von 40 Güterwaggons mit Heimatvertriebenen und ihrem Hab und Gut ein. Dann wurden die Kranken vom Lagerarzt und zwei Krankenschwestern untersucht und notfalls in Krankenrevier oder ins städtische Krankenhaus eingewiesen. Solange wurden auch die Angehörigen im Lager zurückgehalten. Jeder Wagenälteste führte seine Leute in der vorgeschriebenen Reihenfolge zur den Untersuchungsabteilungen im Lager, zur Waschanlage, zur Registratur, zum Wiegeabteil und zur Entlausung. Dann ging es mit ihnen wieder zurück in den Wagon und es wurde Warmverpflegung ausgegeben. Der Zug fuhr dann weiter, begleitet von einem Arzt, zwei Krankenschwestern unter Führung des Transportleiters. Von da leitete man die Transporte in die verschiedenen Länder der damaligen amerikanischen Besatzungszone. Bis aber jeder ein Unterkommen gefunden hatte, vergingen nochmals beschwerliche Wochen des Kampierens in Schulen und Gasthaussälen.

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